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Wie können wir einen Bandscheibenschaden vorbeugen

Bandscheibenschaden: Was ist das und wie kann ich vorbeugen?

Teil 1:

Die meisten Menschen assoziieren Rückenschmerzen mit einem Bandscheibenschaden. Dabei ist es ganz interessant zu wissen, dass 8 von 10 Leuten irgendwann in ihrem Leben Rückenbeschwerden bekommen und über 90% dieser Schmerzen unspezifisch sind, also keiner gesicherten Diagnose zuzuordnen sind. Trotzdem möchten wir euch in diesem Bericht über das Thema Bandscheibe aufklären.

Hier findet ihr ein paar ganz interessante Statistiken zum Thema Rückenschmerz in Amerika:

https://www.thegoodbody.com/back-pain-statistics/

Was ist eine Bandscheibe ?

Es handelt sich um eine runde bis ellipsoide Struktur, die man zwischen allen Wirbeln Ab C2 bis S1 findet. Sie ist in jungen Jahren eine weisse, gelartige, fast durchscheinende Struktur, die im Laufe der Jahre zu einer gelbbraunen, ausgetrockneten und unelastischen Struktur wird. Die Funktionen sind folgende:

  • Auffangen von Stoss – und Kompressionskräften
  • Ermöglicht Bewegungen zwischen den Wirbeln
  • Sie hält Spannung auf die Bänder der Wirbelkörper
  • Sie vergrössert die Stabilität der Wirbelsäule

Der Aufbau ist mit der einer Zwiebel zu vergleichen. Der äussere Teil entspricht den dünnen braunen Schalen der Zwiebel, der innere Teil den dickeren weissen Schalen und der zentrale Kern, der sogenannte Nucleus pulposus, entspricht dem Kern der Zwiebel, der keine deutliche Schalenstruktur mehr besitzt.

Wie entsteht ein Bandscheibenschaden?

So klar die Frage scheint, so unklar ist die Antwort. Viele Leute haben die Vorstellung, sich durch ein Verheben einen Schaden zuzuziehen. Dies mag sein, ist aber meist nur ein kleiner Tropfen auf einem heissen Stein. Um die Entstehung eines Bandscheibenschadens zu verstehen, müssen wir deutlich weiter ausholen.

Im Grunde besteht die Bandscheibe aus Zellen und aus einer Matrix. Diese Matrix besteht aus Fasern und Grundsubstanz. In der Grundsubstanz sind wiederum Verbindungen (z.B. Eiweiss, Zucker, Schwefelverbindungen) zu finden, die in der Lage sind, Wasser zu binden. Durch diese Fähigkeit kann sich die Bandscheibe immer wieder mit Wasser vollsaugen und dabei vor allem ihre Pufferfunktion ausüben. Dabei wird sie im täglichen Verlauf immer wieder  in Ruhephasen  vollgesaut, wie z.B. im Liegen und immer wieder ausgepresst, wenn wir beispielsweise sitzen.

Wie wir bereits in den vorhergehenden Artikel gesehen haben, folgt unser Körper dem Gesetz „Form follows function“. Das heisst, wenn wir ständig Stossbelastung ausgesetzt sind, wie das beispielsweise beim Joggen der Fall ist, muss der Körper adaptieren und bildet mehr von diesen Zucker-, Eiweiss- und Schwefelketten, um die Schläge besser abfangen zu können. Dies hat zur Folge, dass die Bandscheibe sich nach der Belastung wieder vermehrt mit Wasser vollsaugen kann. Wenn wir dem Körper jedoch signalisieren, dass er diese Funktion nicht benötigt, wie beispielsweise durch einen passiven Lebensstil, dann wird sich die Fähigkeit der Bandscheibe an die täglichen Bedürfnisse anpassen und der natürliche Alterungsprozess beschleunigt sich. Dies hat zur Folge, dass die Belastbarkeit der Bandscheibe sinkt und Belastungen wie z.B. das Tragen einer Bierkiste eine gröbere Stressreaktion hervorrufen kann.

Warum ist es so wichtig, dass sich die Bandscheibe mit Wasser vollsaugt?

Man kann die Wasserbindung der Grundsubstanz mit einem prall gefüllten Autoreifen vergleichen, der ebenfalls grossen Widerstand gegen Verformung leisten kann. Die im Reifen benötigte Luft muss individuell an das Gewicht des Fahrzeuges angepasst werden. Je grösser die Kompressionskräfte sind, die die Grundsubstanz abzufangen hat, desto mehr Wasser muss im kollagenen Netzwerk gebunden sein.

Was passiert wenn wir älter werden?

Zwischen dem 20. und 40. Lebensjahr findet eine deutliche Reduktion der Qualität und der Quantität der Grundsubstanz statt. Dadurch verliert die Bandscheibe einerseits an Wassergehalt und andererseits auch die Fähigkeit, in Ruhe wieder Wasser zu binden. Dies hat zur Folge, dass Belastungen nicht mehr so gut weggesteckt werden können.

Wir können uns das wiederum so vorstellen wie bei einem Autoreifen. Der Mantel des Reifens besteht aus mehrere Lamellen mit Stahlfasern. Solange der Autoreifen mit Luft gefüllt ist und der Mantel ausreichend unter Spannung steht, ist der Reifen stark belastbar und kann viele Kilometer sicher zurücklegen. Wenn jetzt aber Luft aus dem Reifen entweicht, ist er stärker verformbar und die Belastbarkeit sinkt. Jetzt werden die Stahlfasern des Mantels in Mitleidenschaft gezogen und es entsteht ein Riss im Stahlmantel. Jetzt kann sich unter dem Gummi eine Beule bilden. Wenn der Reifen jetzt weiter belastet wird, kann auch die Gummischicht beschädigt werden und es entsteht ein Platten. Ähnlich können wir uns die Entstehung eines Bandscheibenvorfalles vorstellen.

Wie wir sehen gibt es also eine Reihe wichtiger Komponenten zur Entstehung von Bandscheibenschäden:

1. Natürliche Alterung

2. Inaktivität und dadurch zu geringe Stossabsorption

3. Nicht an die Belastbarkeit angepasste Belastung

Gerade Punkt 2 und 3 sind sehr interessant, wenn es um Training geht. Wenn ein Mensch, der noch nie körperlich gearbeitet hat, mit 35 Jahren anfängt, 3x in der Woche schwere Gewichte zu bewegen oder beruflich auf den Bau wechselt, wird er vermutlich nicht die Fähigkeit besitzen, die Belastung einfach so wegzustecken. Wir werden eine Entwicklung sehen wie beim platten Autoreifen. Wenn hingegen ein Büroarbeiter langsam und kontinuierlich an das Training herangeführt wird, kann sich die Belastbarkeit der Bandscheibe dahingehend verbessern, dass er alltägliche Anforderungen plötzlich ohne Schmerzen übersteht, weil jetzt die Bandscheibe in der Lage ist, ihren Funktionen besser nachzukommen.

Wie äussern sich bandscheibenbedingte Rückenschmerzen?

Das Thema Schmerz ist sehr komplex und vielschichtig und diese Erklärung somit vermutlich deutlich zu eindimensional, aber wir wollen es trotzdem versuchen.

1. Schmerz kann entstehen, wenn der Körper eine Gefahr erkennt, dass die Bandscheibe vor einem Schaden steht. Dies hat sehr oft zur Folge, dass der gesamte Körper reagiert und versucht weitere Bewegungen zu unterbinden. Dies merken wir durch eine stark verspannte Muskulatur und ein Steifigkeitsgefühl.

2. Schmerz kann entstehen, wenn der äussere Teil der Bandscheibe, der mit Nerven durchzogen ist, sehr stark beansprucht wird.

3. Schmerz entsteht, wenn Teile der Bandscheibe durch eine Verletzung des äusseren Bereiches verlagert werden und auf einen Nerv drücken. Dies ist der klassische Bandscheibenvorfall, wie wir ihn kennen, dies kann soweit führen, dass auch oder sogar ausschlisslich motorische Nerven betroffen sind und es zu bestimmten Lähmungserscheinungen oder Gefühlsstörungen kommt.

Kann ein Bandscheibenschaden rein mechanisch erklärt werden?

Hier müssen wir ganz klar sagen, dass leider emotionale, psychologische, neurologische, soziologische, physiologische Faktoren zur Entstehung von Bandscheibenschäden beitragen können. Somit können wir aus mechanischer Sicher alles richtig machen und trotzdem Probleme bekommen.

Abschliessende Worte Teil 1

Dies ist Teil 1 unserer Bandscheibenaufklärung. Wir hoffen ihr konntet einige wichtige Informationen zur Entstehung von Bandscheibevorfällen mitnehmen. In Teil 2 beschäftigen wir uns unter anderem damit, wie wir einer derartigen Verletzung vorbeugen können und wie häufig man einen Bandscheibenvorfall in bilddiagnostischen Verfahren, wie dem MRI findet. Ausserdem versuchen wir euch die Angst zu nehmen, euch mit einer einzelnen falschen Bewegung zu zerschiessen.

Teil 2:

Aus unserer Sicht sind dies die wichtigsten Dinge:

1. Training

Durch ein angepasstes Training können wir dem natürlichen Alterungsprozess entgegenwirken und die Funktionen der Bandscheiben länger aufrecht erhalten und teilweise sogar verbessern. Somit reduzieren wir die Gefahr bei alltäglichen Bewegungen oder sportlichen Aktivitäten die Belastbarkeit der Bandscheibe zu überschreiten

Was es dabei zu beachten gilt könnt ihr den vorherigen Artikeln auf unserer Website entnehmen.

(z.b Kreuzheben – Rückenkiller)

1. Angepasster Lebensstil
Dabei geht es vor allem darum, dass wir der Bandscheibe neben einer angepassten Belastung auch genug Ruhezeiten gönnen, dass sie sich wieder vollsaugen kann. Dabei müssen wir auf folgende Punkte achten:

  • Schlafdauer und Schlafqualität
  • Sitzzeit immer wieder unterbrechen
  • Vielseitige Aktivitäten mit ständigem Wechsel aus Druck und Entlastung
  • Bei längerer Belastungsdauer oder intensiven Belastungen sollte auf eine möglichst schonende Bewegungsausführung wert gelegt werden.

1. Ernährung

Dabei geht es vor allem darum, dass wir unserem Körper die nötigen Mikronährstoffe bieten, die für alle möglichen Prozesse im Körper notwendig sind. Gerade die Regeneration der Bandscheibe kann sehr stark an einer Unterversorgung an Vitaminen und Mineralstoffen leiden. Aus wissenschaftlicher Sicht wurde das Thema Rauchen im Zusammenhang mit Bandscheibenregeneration sehr gut untersucht. Dabei kam heraus, dass vor allem die Diffusion von Sauerstoff und Glukose nach dem Rauchen deutlich reduziert ist. Dies hat zur Folge, dass es zu einer beschleunigten Degeneration der Bandscheibe kommt.

1. Deep Learning

Wir müssen uns bewusst machen was die Bandscheibe für Aufgaben hat und versuchen durch eine gute Aufklärung die Panik vor einem Bandscheibenvorfall zu reduzieren. Je besser wir über die Thematik bescheid wissen, desto besser können wir sowohl unser Verhalten als auch unsere Psyche steuern. Panik und Stress können sich dabei negativ auf die Regenerationsfähigkeit der Bandscheibe auswirken

Kann ich jetzt durch das Heben von zu vielen Kilos oder durch eine falsche Bewegung einen Bandscheibenvorfall bekommen?

Vermutlich nicht, denn ein Bandscheibenschaden passiert immer über längere Zeit und die Hauptfaktoren sind fast immer.

  • Zu lange zu wenig Belastung
  • Zu lange zu viel Belastung

Kurzzeitig hohe Belastungen toleriert unsere Bandscheibe und übrigens auch unser gesamter Körper sehr gut, aber nur dann wenn nicht bereits ein Problem besteht. Wenn jetzt jemand durch das falsche Tragen eines Koffers oder durch 1x pro Woche Krafttraining mit Gewichten einen Bandscheibenvorfall davon zieht, ist die Vermutung naheliegend, dass das nur der Tropfen auf dem heißen Stein war, der jetzt die ganze Symptomkette ausgelöst hat.

Brauch ich ein MRI, wenn ich starke Rückenschmerzen habe?

Die meisten Leute beharren, darauf, dass sie so schnell es geht ein bildgebendes Verfahren bekommen, dabei kommt es sehr häufig zum MRI und wenn der Patient über 40 Jahre alt ist, ist das Ergebnis sehr häufig eine Bandscheibenvorwölbung oder ein Bandscheibenvorfall.

Um die Panik davor etwas zu nehmen möchte ich euch die Untersuchung an gesunden Rückenpatienten zeigen:

Bereits bei über 50% der 40 Jährigen konnte eine Bandscheibenvorwölbung erkannt werden und bei 30% konnte man bereits von einem Vorfall sprechen. Dabei waren diese Leute komplett schmerzfrei.

Wie gibt es so was?

Jetzt sollte sich der Kreis dieses Artikels etwas schliessen. Es handelt sich bei den MRI Befunden lediglich um natürliche Alterserscheinungen, die keineswegs pathologisch sind. Ein MRI Befund ist in diesem Falle nur sinnvoll, wenn das klinische Bild dazu passt und sollte unter keinen Umständen für Panik sorgen.

Abschliessende Worte

Wir hoffen wir konnten euch etwas Klarheit zum Thema Bandscheibenvorfall verschaffen. Es ist uns ein Anliegen euch zu zeigen, dass ein Bandscheibenvorfall selten auf ein akutes Ereignis zu begrenzen ist, sondern vielmehr das Ergebnis von vielen Faktoren über eine längere Zeitspanne darstellt. Die Angst durch einzelne Aktionen einen gröberen Rückenschaden davonzuziehen ist aus unserer Sicht also eher unbegründet, bzw. sehr unwahrscheinlich. Im Anhang wollen wir euch noch ein paar Statistiken aus Amerika zum Thema Rückenschmerz liefern.